Quer durch die Republik schmücken Bilder und Fotografien die Sprech- und Wartezimmer. Eigentlich eine gute Gelegenheit, um gezielt in Kunst zu investieren – oder nicht?
„Kunst ist keine Geldanlage“, sagt Arno Verkade, Geschäftsführer von Christie’s Deutschland und Leiter des Standorts im niederländischen Amsterdam, wie aus der Pistole geschossen. Um dann zu relativieren: „Natürlich kann man in Kunst investieren und dabei Gewinn machen. Aber zum Sammeln von Kunst gehören vor allem Leidenschaft und das Vergnügen an schönen Dingen.“ Verkade sitzt im Düsseldorfer Standort des britischen Auktionshauses. Hier betreuen er und sein Team vor allem Privatsammler und Unternehmen aus Nordrhein-Westfalen. Die Kunstexperten von Christie’s stehen mit ihren Kunden im engen Kontakt und unterstützen bei der Suche nach bestimmten Werken, indem sie das weitverzweigte Branchennetzwerk des Traditionshauses nutzen. Außerdem berät das Team Sammler beim An- und Verkauf. Auch Heilberufler gehören zu ihrer Klientel. Menschen wie ihnen, die nicht hauptberuflich mit Kunst zu tun haben, rät Verkade, sich mit der Materie auseinanderzusetzen, bevor sie mit dem Sammeln beginnen. „Wer sein Geld ernsthaft in Kunst stecken möchte, sollte sich Zeit nehmen“, so Verkade. Zeit, um sich intensiv mit einem Künstler oder einer Epoche zu beschäftigen. Aber auch Zeit, bis das Werk im Wert steigt. Verkade: „Damit ein Werk Aufmerksamkeit und Interesse weckt, sollte es 20 bis 30 Jahre nicht auf dem Markt gewesen sein – das zeigt unsere Erfahrung.“
Rund sieben Milliarden Dollar hat Christie’s im vergangenen Jahr umgesetzt – ein Plus von sechs Prozent im Vergleich zum Jahr 2017. Kunst zu besitzen, wird immer beliebter. Aber wie geht jemand vor, der Kunst sammeln und damit Gewinn machen möchte? Der erste Weg, so Verkade, sollte immer zu Kunstmessen, in Galerien und Aktionshäuser führen. Aber nicht, um direkt zu kaufen, sondern um sich mit dem Markt vertraut zu machen. „Auktionen sind immer öffentlich und die Stücke werden bereits ein paar Tage vorher ausgestellt. Anders als im Museum kann man sie dann näher betrachten und von Experten erklärt bekommen“, sagt Verkade. Auch online finden Interessierte viele Informationen, etwa auf Auktionsportalen, in Kunstdatenbanken und Werksverzeichnissen. Wer sich so vorbereitet, hat gute Chancen, auch als Laie ein Werk zu einem fairen Preis zu finden, das dem Sammler langfristig Freude bereitet.
MUT ZUM NEUEN
Das sieht Richard Fietz, Leiter des bundesweiten Private Banking bei der apo-Bank, ähnlich: „Sicher voraussagen lässt sich eine Gewinnsteigerung bei Kunst nicht – aber dafür sind bei echten Werken auch keine Totalverluste zu erwarten.“ So gesehen sei ein umsichtiger Kunstkauf durchaus eine solide Anlage. Abgesehen davon, dass der Erwerb eines Werkes inklusive Recherche vorab oft viele Monate dauern kann, gelten auch beim Wiederverkauf Regeln. Fietz: „Wie bei Wertpapieren gilt eine Spekulationsfrist. Liegt zwischen Kauf und Verkauf eines Kunstwerkes kein ganzes Jahr, muss der erzielte Verkaufspreis abzüglich Anschaffungspreis versteuert werden.“ Steuerfrei sind nur Gewinne von bis zu 600 Euro pro Jahr, wobei diese Schwelle für alle privaten Veräußerungsgeschäfte gilt – also Kunst, Oldtimer oder auch Immobilien.
Zwar bleibt der Wert von Kunstwerken weitestgehend von Börsencrashs unbeeinflusst, dennoch gilt es, ein paar Sicherheitsregeln einzuhalten. Verkade rät: Gerade unerfahrene Sammler sollten bevorzugt bei namhaften Galerien oder Auktionshäusern kaufen und sich den Kaufvertrag genau anschauen. Seriöse Verkäufer bieten ein mehrjähriges Rückgaberecht, falls zum Beispiel Dokumente auftauchen, die die Expertise infrage stellen. apoBank-Experte Fietz empfiehlt zudem, ab einem gewissen Kunstwert mit der Versicherung Rücksprache zu halten. „Vieles lässt sich durch eine Hausratversicherung absichern – bei sehr wertvollen Werken kann eine spezielle Kunstversicherung ratsam sein.“
Gibt es einen Mindestwert, ab dem ein Investment in Kunst erst lohnt? Verkade schüttelt den Kopf: „Die Investition in bekannte Namen ist sicherer, erfordert aber auch schnell Einstiegssummen im Millionen-Euro-Bereich. Wer mutiger ist, kann in Newcomer investieren. Hier kann man schon für einige Hundert oder Tausend Euro Werke erwerben, die schön sind und den Besitzer erfreuen.“ Denn – das ist dem Kunstexperten ganz wichtig – die Freude an Kunst sollte das Gewinnstreben immer überwiegen. Schließlich sind Renditen, wie sie Leonardo da Vincis „Salvator Mundi“ 2017 erzielte, die absolute Ausnahme. Das Renaissance-Werk wurde 1958 für 45 britische Pfund versteigert – 2017 erzielte es beim Verkauf 450,3 Millionen Dollar und führt seitdem die Liste der teuersten Kunstkäufe an.
Für Verkade, der vor 25 Jahren bei Christie’s anfing, ist seine Arbeit der Traumjob schlechthin: „Ich finde, es gibt nichts Spannenderes, als ein Werk auf seinem Weg aus einer privaten Sammlung ins Museum zu begleiten.“ Vor allem ein Werk von Andy Warhol hat es ihm angetan: Ist das im Amsterdamer Rijksmuseum ausgestellt, zeigt er es jedes Mal stolz seinen Kindern.
TOP 5 DER TEUERSTEN* KUNSTKÄUFE
1. 450,3 Millionen Dollar: Salvator Mundi (Leonardo da Vinci)
2. 179,4 Millionen Dollar: Die Frauen von Algier – Version O (Pablo Picasso)
3. 170,4 Millionen Dollar: Liegender Akt (Amedeo Modigliani)
4. 157 Millionen Dollar: Nu couché sur le côté gauche (Amedeo Modigliani)
5. 142,4 Millionen Dollar: Drei Studien von Lucian Freud (Francis Bacon)
* Erzielt bei Auktionen